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Gesunder beschlagener Huf: Trotzdem Umstellen auf Barhuf?

Hallo zusammen,
ich möchte mir gerne fachkundige Ratschläge einholen:
Mein Pferd wird seit 6 Jahren beschlagen und hat (gottseidank) bisher keine Probleme damit.
Ich habe jetzt umgestellt auf Aktiv(lauf)stallhaltung und musste durch den Schneefall nun die Eisen entfernen. Die Hufe sehen (meiner Meinung nach) gesund aus.
Nun meine Frage:
Grundsätzlich würde ich sehr gerne umstellen auf Barhuf. Wie kritisch bzw. erforderlich ist die Umstellung bei gesunden, beschlagenen Hufen? Ich befürchte nämlich, das mein Pferd nachher mehr Schwierigkeiten mit dem Laufen hat als bisher!
Vielen lieben Dank für zahlreiche Antworten und Erfahrungsberichte!
Und noch eine Frage: Können auch sogenannte "Sportpferde" zu Barhufläufern werden?
Viele Grüße
Ute Scherer

[%sig%]

Re: Gesunder beschlagener Huf: Trotzdem Umstellen auf Barhuf?

Hallo Frau Scherer,
wenn die Hufe Ihres Pferdes gesund sind, ist eine Umstellung auf barhuf nicht problematisch. Die Probleme bei der Umstellung gibt es immer dann, wenn die Hufe selbst untüchtig sind und in dieser untüchtigen Form nun plötzlich ohne Eisen zurechtkommen müssen. In Ihrem Fall dürfte es mit einer relativ kurzen Gewöhnungsphase an die veränderten Bedingungen (Hufmechanik + Hornabrieb), in der das Pferd sich seine Bewegung bitte einteilen darf, vonstatten gehen. Vorausgesetzt, die Hufe sind wirklich gesund.

Sie fragen, ob eine Umstellung von Eisen auf Barhuf überhaupt erforderlich ist. Ich würde dies aus folgendem Grund bejahen: Auch der beste Beschlag wirkt sich negativ auf den Huf und auf die Gliedmaße des Pferdes aus. Diese Aussage wird zwar mittlerweile von der modernen Schmiedezunft bestritten, und auch der kürzlich von der Politik als Experte angerufene TA Dr. Schüle (Gesellschaft für Pferdemedizin) hält die schädigende Wirkung von Eisenbeschlägen für Unfug, aber das ist eine recht moderne Entwicklung. Früher war es auch unter Schmieden und Tierärzten ein allgemeingültiges Wissen: Der Eisenbeschlag ist ein notwendiges Übel, d.h. er sollte wirklich nur angebracht werden, wenn es notwendig ist. Schon allein die mit dem Beschlag einhergehende Hufbearbeitung (regelmäßige abrupte Stellungsveränderungen, die beim Umbeschlagen unerlässlich sind) oder auch der ausgeschaltete Tastsinn, sind Dinge, die man sich (seinem Pferd) ersparen sollte, wenn dies möglich ist. Es gibt noch mehr Negativwirkungen, aufgeführt bspw. in unseren "Argumenten gegen den Eisenbeschlag" (siehe Infothek).

Es steht also die Frage an: Ist für Ihr Pferd ein Eisenbeschlag notwendig? Braucht es einen solchen bei der Nutzung, die es hat? Ihre Frage nach "Sportpferden" und Barhuflaufen läßt vermuten, dass Sie Ihr Pferd im "Sport" nutzen. Wie sieht die Nutzung genau aus? Häufigkeit, Intensität, Halle/Platz/Gelände?

Mit freundlichen Grüßen
Konstanze Rasch

Re: Gesunder beschlagener Huf: Trotzdem Umstellen auf Barhuf?

Hallo,

wenn die Hufe wirklich gesund sind, dann kann man die Eisen abnehmen und das Pferd wird im wesentlichen sofort überall laufen. Lediglich ist das Horn unter Beschlag schwächer, bereits nach einigen Wochen sollte sich in einem solchen Fall die Sohle schön gefestigt haben so dass es kaum Probleme gibt. Richtige Leistung Barhuf (z.B. einen Wanderritt) kann man erst verlangen, wenn sich das Pferd vollständig ans Barhuflaufen gewöhnt hat. (nach 6-12 Monaten schätzungsweise..) 'Normales' Reiten in Bahn und Gelände ist eigentlich kein Problem.
Ich persönlich habe solche Fälle bisher allerdings nur mitbekommen, wenn die Pferde a) unproblematische Hufe hatten b) nur unregelmäßig (z.B. 2x im Sommer) beschlagen wurden und c) absolut ordentliche Arbeit beim Beschlag geleistet wurde.

Leider sind meistens die als 'problemlos' beschriebenen dauerhaft beschlagenen Hufe gar nicht so ohne Probleme, sondern oft schon deformiert, geschwächt und alles andere als gesund. 'Normale' TA und Schmiede erkennen in der Regel nur schwerst geschädigte Hufe und halten vieles für gesund was nicht gesund ist.
In so einem Fall kann man von dem Pferd nicht verlangen, sofort wie zuvor weiterzulaufen, denn die Hufe müssen sich erst wieder erholen.
Das heißt jedoch nicht, dass man das Pferd nicht reiten kann. Wenn die Hufe nur leicht geschädigt sind, wird das Pferd meist sofort absolut problemlos auf weichem Boden laufen. Für steinige Böden und lange Strecken sollte man Hufschuhe verwenden solange notwendig.

Zur 'Notwendigkeit' von Beschlag. Beschlag ist üblich hierzulande. Aber die Natur liefert das Pferd nun mal mit Barhufen. Daher muss man sich eigentlich fragen, warum man ein Pferd beschlagen sollte.
Beschlag hat negative Auswirkungen auf das ganze Pferd (Konstanze hat ja schon einige angesprochen). Aber nehmen wir mal für die Diskussion an, Beschlag wäre völlig unschädlich fürs Pferd, selbst dann ist Barhuf besser.

- Pferde mit gesunden Barhufen zeigen schönere Bewegungen (das bemerkte schon Steinbrecht). Nützlich beim Dressurreiten, aber ganz besonders auch beim reiten in schwierigem Gelände (Trittsicherheit)
-Es besteht für das Pferd selbst, für die Herdenkollegen und den Reiter/Pfleger deutlich weniger Verletzungsgefahr
-Ersparnis von Geld/Aufwand/Material...
-Viele übliche Verletzungen/Probleme am Bewegungsapparat werden durch Eisen begünstigt (ok, hier bin ich etwas von der Ausgangsthese abgewichen)
- weniger/kaum Schäden an Wegen in der Natur/auf Weiden, keine verlorenen Eisen in der Heupresse
- das Pferd ist jederzeit bereit zum Ritt- nie wieder vor dem Turnier oder Wanderritt schnell noch den Schmied anrufen weil ein Eisen abgefallen ist...
-keine Probleme mehr mit der oft mangelnden Haltbarkeit von Beschlägen (früher bin ich oft in den letzten 2 Wochen der Beschlagsperiode nur noch sehr wenig geritten, damit die Eisen ja noch ein wenig halten...)
-Schneefall? Egal, ab ins Gelände oder auf die Koppel (hier haben die meisten schon den 'Winterbeschlag' entfernt und müssen ihre Pferd bei 20cm Schnee in den Stall sperren...

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wirklich gesunde Barhufe extrem leistungsfähig sind. Ich bin Gelände- und Wanderreiter und mein Pferd läuft heute besser, länger, problemloser als je mit Eisen. Obwohl ich wirklich viel und in einer sehr steinigen Gegend reite. Zuviel Abrieb- Fehlanzeige? Die Frage nach Beschlag- stellt sich einfach nicht...

Natürlich können auch 'Sportpferde' barhuf laufen, ein schönes Beispiel ist z.B. Emma Hindle, sie reitet auf internationalem Niveau Dressur (WB- Pferde) und das Barhuf.
Bei entsprechender Planung können sogar lange Distanzritte (120 km) Barhuf geritten werden. ('Feuerkreisritte', Darolyn Butler Dial...)
Auch VS geht Barhuf- für Beispiele schau mal drabekhoofcare.com/articles.htm

Einsatzbereiche für Beschlag sollten dann sein, wenns nicht anders geht. Und in der Regel ist das nur eher kurzfristig. Kenne z.B. Distanzreiter, die reiten immer Barhuf, für lange Ritte kommen dann Plastics drauf und direkt nach dem Ritt runter. Oder irgendwelche Spezialeinsätze von Pferden wie Isi- Rennen auf Eis, Sliding...

Für den Freizeit- oder Breitensportlichen 'Normalreiter' eher nicht erreichbar solche Bereiche...

Gruß Tina

Re: Gesunder beschlagener Huf: Trotzdem Umstellen auf Barhuf?

sorry tippfehler im link

Hier die Dressurpferde:
http://www.eurodressage.com/reports/shows/2005/05saumur/hindle.html

und die Linksammlung:
http://drabekhoofcare.com/Articles.htm

und noch meine HP www.barhuf.de.vu ;-)

Gruß Tina

Re: Gesunder beschlagener Huf: Trotzdem Umstellen auf Barhuf?

Hallo Frau Rasch,
vielen Dank für ihre Erläuterungen!
Nun zu ihren Fragen: Sportpferd kann man nicht direkt sagen, ich reite keine Turniere, nur zu Hause.
Möchte weiterhin auf dem Platz arbeiten, ins Gelände gehen, wo allerdings viele Schotterwege zu gehen sind.
Pferd wird regelmäßig geritten und steht im Laufstall mit viel Bewegung auf einer Art Schotter (feinkörnig).
Stimmt es, das die richtig schlimmen Schmerzen beim Gehen erst nach einer besimmten Zeit nach Abnahme der Eisen auftreten? Woher soll ich wissen, wieviel ich meinem Pferd an "Übergangsschmerz" zumuten kann? Bilden sich wirklich Blutgerinsel und blaue Flecke im Horn?

Viele Grüße
Ute Scherer

[%sig%]