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Hornrisse und Hornspalten - Ursachen, Entstehung und erfolgreiche Therapie (Dr. Konstanze Rasch)

Hornrisse und Hornspalten stellen ein Hufproblem dar, welches aufgrund seiner Häufigkeit und aufgrund seiner Folgen eine ganz besondere Relevanz besitzt. Nicht selten kommt es in diesem Zusammenhang zu Nutzungseinschränkungen oder gar zum Nutzungsausfall der betroffenen Pferde. Jeder der heute anwesenden Fachleute wird des öfteren in seiner Praxis mit diesem Problem konfrontiert sein. Hufe die einreißen und sich spalten büßen in mehr oder weniger starkem Maße ihre Schutzfunktion ein. Nur eine unversehrte Hornkapsel schützt die empfindlichen lebenden Strukturen im Innern vor mechanischer Verletzung und vor aufsteigenden Keimen. Unsere domestizierten Pferde leben mitnichten in einer keimarmen Umgebung. Auch die beste Stall- und Weidehygiene verhindert nicht, dass der Huf tagtäglich einer mehr oder weniger mit Keimen kontaminierten Umgebung ausgesetzt ist. Den besten Schutz vor Infektionen bietet deshalb die Unversehrtheit der Hornkapsel.

Ein Einreißen des Hufes eröffnet jedoch nicht nur Keimen den Weg ins Hufinnere, es hat zudem auch nicht selten eine direkte mechanische Beschädigung der durchs Horn geschützten inneren Hufanteile zur Folge. Dabei ist weniger an ein unmittelbares Eindringen von Fremdkörpern in die eröffnete Hornkapsel gedacht, sondern vielmehr an die mit dem Einreißen entstandene Eigenbeweglichkeit der voneinander separierten Hornwände. Die unmittelbare Folge sind Schmerzen, die mittelbare Folge Schäden an den umgebenden Lederhäuten und Knochenstrukturen. Nicht selten wird hier der Grundstein für die Entstehung von Hornsäulen gelegt.

Andreas Schmid kommt in seiner Dissertation zum Vergleich von Hornspalttherapien zu der Einschätzung: „Die Hufkrankheit Hornspalt ist in der Pferdemedizin ein oft unbefriedigend gelöstes Problem.“ (Schmid 2004: 7) Weshalb ist das so? Die Hufkrankheit Hornspalt beschäftigt die Tiermedizin seit Jahrhunderten. Bereits Hippokrates überlieferte der Nachwelt eine Rezeptur zur Behandlung chronischer Hornspalten:

„Nimm den Kopf eines Ziegenbocks, öffne ihn und gib das Hirn in eine grün lackierte Schüssel. Rühre es mit Deinen Händen bis es sich aufgelöst hat und streue darüber soviel Lingusterpulver, dass es davon bedeckt ist. Knete dies zu einer festen Masse und trage es auf die Spalten auf.“ (Hemprich 1999, zit. nach Schmid 2004: 8)

Mutet einem modernen Menschen dieser Rezeptvorschlag skurril an, so klingt doch der Ratschlag, den Hornspalt „bis zur Blutung“ auszuschneiden (ebenda) oder mit heißen Eisen „aus(zu)brennen“ (Foehner 1931, zit. nach Schmid 2004: 8) in den Ohren vieler Fachleute auch heute noch durchaus vernünftig. Auch der Therapievorschlag „den betroffenen Wandabschnitt zu entlasten“, indem man ihn entfernt, und ihn hernach mit „Huflederkitt“ zu verschließen (Schmid 2004: 19), findet auch heute noch seine Anhänger. Man hat sich weniger weit von den Therapiemaßnahmen der vergangenen Jahrhunderte entfernt, als man dies zunächst angesichts des hippokratischen Zitats vermuten würde. Zwar greift heute keiner mehr auf die Rezepturen des Altertums oder Mittelalters zurück, in Bezug auf die am Horn selbst vorgenommenen Maßnahmen hat sich aber kaum etwas geändert. In dieser Tradition steht „Anbringen von Querrinnen“ (ebenda: 18), die Verwendung von „Hufeisen mit seitlichen Aufzügen als Behandlungsmethode um ein Abweichen der Hornwand zu verhindern“ oder das Anbringen einer „Schwebe“ unterhalb der Hornspalte und der Beschlag mit „Stegeisen“ (ebenda: 9). Auch „das Feststellen der Spaltränder lässt sich bis ins 17. J.h. zurückverfolgen“ (Glück 1919, zit. nach Schmid 2004: 19). Heute hat man hierfür freilich andere Materialien zur Verfügung, das Prinzip ist jedoch das Gleiche.

Es handelt sich bei der Huferkrankung Hornspalt also keineswegs um ein neu entdecktes Phänomen, das Bemühen um einen erfolgreichen therapeutischen Ansatz reicht die Jahrhunderte zurück. Dennoch ist auch heute noch ein eklatanter Mangel bei der Beherrschung des Problems zu beklagen. Der Grund hierfür liegt m. E. in der Fokussierung auf das Symptom – den Riss oder Spalt – und der Ausblendung der verursachenden Hufgesamtsituation. Ich möchte mich in meinem Vortrag speziell diesem bisher...

Dieser Artikel ist Bestandteil der Tagungsmappe der 1. Huftagung der DHG e.V. Die Tagungsmappe (51 Seiten) kann zum Preis von 10 Euro bei uns bestellt werden.

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