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Die funktionelle Anatomie des Hufbeinträgers (Prof. Dr. Christoph Mülling)

Einleitung

Der Huf ist die hochspezialisierte und komplexe biomechanische Schnittstelle zwischen dem Pferd und seiner Umgebung und ist von entscheidender funktioneller Bedeutung für die Fortbewegung des Tieres. Im Laufe der Evolution wurden die Gliedmaße und der Huf, wie wir ihn bei unserem heutigen Hauspferd vorfinden, konsequent für eine schnelle raumgreifende Fortbewegung optimiert. Die Strukturelemente des Hufes sind aufgrund ihrer sehr hohen biomechanischen Belastung anfällig für Erkrankungen infolge von Gewebeschäden wie wir sie bei der metabolischen oder der Belastungsrehe finden (3,4,6,7). Ein funktionell zentrales Element des Hufes ist der Hufbeinträger, also die Gesamtheit aller Strukturen, die das Hufbein in der epidermalen Hufkapsel befestigen („aufhängen“) (1,2,10,11,12).

Im Verlauf der Hufrehe des Pferdes werden strukturelle Elemente des Hufbeinträgers geschädigt oder zerstört, was aufgrund der hohen mechanischen Beanspruchung dieser Strukturen gravierende Folgen für die Funktion des Hufbeinträgers und das Überleben des Tieres hat. Die Hufrehe ist als eine entzündliche Erkrankung des Hufbeinträgers definiert. Art und Ausmaß der lokalen Gewebeschäden im Hufbeinträger bestimmen den Funktionsverlust, die klinischen Symptome und den Grad der Lahmheit (3,10,11).

Die funktionellen Schlüsselelemente des Hufes sind 1. die Epidermis mit ihrer stark verhornten äußeren Schicht, die die Hufkapsel aufbaut, welche wesentliche biomechanische und Schutzfunktionen übernimmt, 2. die dermo-epidermale Grenze als Verbindungszone zwischen Huflederhaut und Hufoberhaut, 3. die Huflederhaut (Dermis, Corium), 4. das dermale Gefäß- und Nervensystem und 5. das Hufbein als das zentrale Element der Kraftübertragung vom Gliedmaßenskelett auf die Hornkapsel. Alle fünf Elemente sind am Aufbau des Hufbeinträgers beteiligt, der das Hufbein mit der Innenseite des Hornschuhs verbindet und für die biomechanische Funktion des Hufes entscheidend ist (1,2,3,10,11). Das Hufbein ist das zentrale Element der Kraftübertragung vom Gliedmaßenskelett auf die Hornkapsel. Es ist damit das Element der Gliedmaße das letztendlich die Körpermasse beim Fußen im Stand und während der Lokomotion von der Gliedmaße auf den Huf und über diesen auf den Untergrund überträgt. Es ist über den Hufbeinträger sehr stabil mit der Innenseite des epidermalen Hornschuhs verankert. Über diesen Hufbeinträger ist das Hufbein, damit die Gliedmaße und somit letztendlich das gesamte Pferd in dem Hornschuh des Hufes „aufgehängt“ (1,2,3,11,12).

Zu den Elementen des Hufbeinträgers gehören von innen (Hufbeinoberfläche) nach außen (innerste Schicht des Kronhorns der Hufplatte):

1.      Insertionszone der Kollagenfaserbündel in der Hufbeinoberfläche. Diese Insertionszone ähnelt derjenigen im Ansatz einer Sehne an einem Knochen (chondro-apophysäre Insertion). Sie enthält 4 Zonen, über die ein gradueller mechanisch sehr belastbarer Übergang vom parallelfaserigen Kollagenbündel zum Knochen etabliert wird.

2.      Die Kollagenfasersysteme der Dermis im Wandsegment. Diese Fasern laufen von distal am Hufbein im schrägen Winkel entsprechend der Zugbelastung orientiert nach proximal an die dermo-epidermale Grenze.