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Hufbeschlagsgesetz und die Folgen

Am Fuß dieses Artikels finden Sie das "Gesetz über den Beschlag von Hufen und Klauen", das mit seiner Veröffentlichung am 24.4.2006 in Kraft getreten ist. Mit der Verabschiedung des Gesetzes hat der Gesetzgeber alle Einwände ignoriert, die auf die grundlegenden Konstruktionsmängel hingewiesen haben. Obwohl es nur um die dringend erforderliche Reform der Schmiedeausbildung gehen sollte, wurde quasi im Vorbeigehen die gesamte bewährte Arbeitsteilung auf dem Gebiet der Hufbearbeitung über den Haufen geworfen: Die Huforthopäden u.a. wurden mit einer freihändigen Definition des Begriffs "Hufbeschlag" ( = "jegliche Verrichtung am Huf") in das Gesetz einbezogen, ohne dass der Gesetzgeber die in den letzten Jahren/Jahrzehnten entstanden Berufe einer eigenen Anerkennung für Wert befunden hätte. Das hat fatale Konsequenzen, da diese Berufe ja gerade aufgrund der Vernachlässigung der fachkundiger Bearbeitung des unbeschlagenen Pferdes durch die Schmiede entstanden waren und auf dem Gebiet die Spezialkenntnisse entwickelten, die in der Ausbildung zum Hufschmied fehlten und auch weiter fehlen werden.

Am 15.12.2006 wurde die zugehörige Hufbeschlagsverordnung vom Bundesrat genehmigt. Sie entspricht dem Text, der in Erfurt gemeinsam mit den Barhufverbänden - unter maßgeblicher Beteiligung der DHG e.V. - erarbeitet wurde. Dabei wurde der Versuch gemacht, die bisher fehlenden Ausbildungsinhalte zur Barhufbearbeitung in die Verordnung einzubauen. Wie soll denn auch der Hufschmied die qualifizierte Bearbeitung des unbeschlagenen Pferdes leisten, wenn der Themenbereich in seiner Ausbildung gar nicht vorkommt? Natürlich lernt der Schmied notwendigerweise das "Ausschneiden" von Pferden, das bei jedem Umbeschlagen erforderlich ist. Aber diese Bearbeitung ist darauf ausgerichtet, nachträgliche Korrekturen des Hornschuhs vorzunehmen und den Huf damit für die erneute Anbringung des Eisens vorzubereiten. Die gänzlich anderen Anforderungen an die Bearbeitung, die sich daraus ergeben, dass der Huf des unbeschlagenen Pferdes tüchtig gemacht werden muss, den Anforderungen von Bodengegendruck und Abrieb auf unterschiedlichen Untergründen zu trotzen, finden sich in keinem Lehrbuch/Lehrplan zur Schmiedeausbildung. Das wurde auch bei den Diskussionen zur Verordnung offensichtlich. Es fehlt bei den Hufschmieden und ihren Ausbildern das Grundverständnis über die Differenz von "Ausschneiden" als Vorbereitung des Hufbeschlags und die Bearbeitung des unbeschlagenen Hufs, die ihn tauglich machen/halten soll für seinen direkten Bodenkontakt.

Die Barhufbearbeitung ist damit zwar erstmals Ausbildungs- und Prüfungsgegenstand in der Ausbildung der Hufbeschlagsschmiede. Wieweit die Spezialkenntnisse der Huforthopäden in die Ausbildung und Prüfung eingehen werden, bleibt fraglich. Da Ausbildung und Prüfung weiterhin in den Händen der bisherigen Lehrbeschlagsschmieden liegt, muss unterstellt werden, dass es nicht zur versprochenen umfassenden Qualifikation kommen wird. Damit bleibt es sehr fraglich, ob die angestrebte Verbesserung der Schmiedequalifikation und der offenere Zugang zum Beruf Erfolg haben werden. Wie bisher hat der Metallbau weiterhin den einfachsten Zugang zum Beruf, Pferdefachleute dagegen sollen vorab ein Jahr hauptberuflich und sozialversicherungspflichtig beim Schmied mitfahren, Seiteneinsteiger gar zwei Jahre. Wir halten die Regelung für eine Sackgasse und befürchten weitere Einschränkungen bei der Versorgung der Pferdewelt mit "Hufexperten" welcher Provenienz auch immer.

Das befürchtete Ende der Huforthopädie ist dennoch nicht eingetreten. Durch den Beschluss des BVerfG vom 5.12.2006 wurde per einstweiliger Anordnung das HufG in Bestandteilen ausgesetzt, die die Barhufbearbeitung und den Kunststoffbeschlag betreffen. Anschließend hat das BVerfG Gutachten von Sachverständigen - u. a. von der DHG e.V. eingeholt. In unserer Stellungnahme haben wir, wie schon bei der Anhörung im Bundestag, auf die Konstruktionsfehler in berufsrechtlicher und tierschützerischer Hinsicht hingewiesen.

Das Verfassungsgericht hat die Entscheidung in der Hauptsache am 3. Juli 2007 getroffen (link siehe unten). Das HufBeschlG hat danach Bestand, ist aber in allen Bestimmungen nichtig, die die Barhufbearbeitung und den Kunststoffbeschlag betreffen. Das BVerfG ist den Klägern dabei nicht in allen Punkten gefolgt. Es hält den Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sehr weitreichend für schützenswert, ohne eigene fachliche Vorgaben zu machen. Allerdings sah es in der Monopolisierung der Hufbearbeitung bei den Hufschmieden eine Übermaßregulierung, die sich mit der Freiheit der Berufswahl nicht vereinbaren lässt.

Inhaltliche Konsequenzen

Durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts bleiben das Hufbeschlagsgesetz und die zugehörige Verordnung gültig, soweit das Berufsbild des Hufbeschlagsschmieds geregelt wird. Alle Regelungen zur Monopolisierung der Barhufbearbeitung und des Kunststoffbeschlags bei den Hufbeschlagsschmieden sind dagegen nichtig. Huforthopädie bleibt damit ein Beruf ohne staatliche Regelung. Die strengen berufsrechtlichen Regelungen der DHG e.V. und der Lehrplan der Lehranstalt für Huforthopädie haben auf vereinsrechtlicher Basis Bestand.

Künftige Entwicklung

Der Gesetzgeber sieht sich jetzt vor die Frage gestellt, ob er weiteren rechtlichen Regelungsbedarf sehen soll oder ob er die Regelungen der Verbände für ausreichend halten soll. Es gibt keine Handlungsauflagen des Bundesverfassungsgerichts. Die Barhufbearbeitung kann regelungsfrei bleiben, mögliche gesetzliche Regelungen müssen allerdings die Berufswirklichkeit unter anderem der Huforthopädie berücksichtigen. In einem ersten Fachgespräch beim Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz am 26. August 2008 in Bonn wurden zum Regelungsbedarf unterschiedliche Standpunkte vertreten. Verschiedene Barhufverbände sehen eine Chance in der staatlichen Aufwertung ihrer Ausbildungsgänge. Vor allem aber die Verbände der Hufschmiede und Tierärzte, die das Hufbeschlagsgesetz in der fallierten Fassung stark gepuscht hatten, versuchen nun in einem zweiten Anlauf ihre Niederlage vor Gericht durch eine Neuregelung wett zu machen, die erneut den Hufbeschlagsschmieden die Möglichkeit eröffnet, sich als die einzigen Fachleute bestätigen zu lassen. Wir werden versuchen, alle Regelungen, die die Huforthopädie behindern könnten, in ihrem Entstehen zu verhindern. Dabei sind wir für alle - auch gesetzliche - Regelungen offen, die geeignet sind, ein qualifizierte Barhufbearbeitung an die Hufe der Pferde und ihrer einhufigen Verwandten zu bringen. Wir haben dem Ministerium bereits geeignete Konzepte zur Verfügung gestellt.

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