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Hufform hat sich verändert! Welche Ursache kann das haben?

Hallo,

bin auf der Suche nach Infomaterial zur Beurteilung der Veränderungen bei meinem Pferd auf diese Seite gestossen und finde sie sehr interessant und die Antworten/ Hilfestellungen einleuchtend. Darum wende ich mich hierher mit meinem Problem:

Mein Wallach, WB, 9 Jahre alt, ist bisher konventionell beschlagen worden und von mir turniermässig Dressur geritten bis Kl. M. Ende September 2006 hatte er eine leichte Zerrung des Fesselträgerursprungs hinten rechts. In der Diagnose kam eine leichte Lahmheit vorne links dazu, die im Reiten jedoch noch nie aufgefallen war und mehr vorsorglich mit Hyaluronsäure behandelt wurde (?) Da ich mir mit der Rekonvaleszenz Zeit nehmen wollte, wurde er 2 Monate im Schritt auf festem Boden bewegt. Danach war er 4 Wochen im Aquatrainer und wurde danach (seit Anfang Januar) langsam wieder aufgebaut bis hin zu 20 Minuten Schritt-Trab-Galopp auf langen Linien. Von einem Tag auf den anderen ging er vorne rechts stark lahm. Abdrücken mit der Hufzange ergab Schmerzhaftigkeit im Bereich der inneren Eckstrebe. Wir vermuteten einen Hufabszess, machten Sauerkrautwickel und nach 4 Tagen war die Lahmheit weg und das Aufbauprogramm ging weiter.

Etwa 4 Wochen später, ich hatte abends noch geritten und ganz sicher keinerlei Lahmheit beobachtet/ gefühlt, rief mein Schmied mich an und berichtete mir, dass mein Pferd nach dem Beschlag stocklahm sei.
Wieder die Druckschmerzhaftigkeit in der Eckstrebe. Wir nahmen das Eisen ab, der Schmied wollte wie vorher verfahren, jedoch glaubte ich nun nicht mehr an diese zufälligen gehäuften Hufabszesse (zumal beim beschlagenen Pferd.

Ich machte eine Bestandsaufnahme und kam zu folgenden Erkenntnissen: In den letzten Monaten ist der Huf (besonders rechts, tendenziell auch links) sehr stark an der Zehe gewachsen, während die Trachten extrem zurück blieben (bei der Suche nach einem Kanal, kam der TA sofort ans Leben), so dass nun eine gebrochene Zehenachse (auch im Röntgenbild) zu sehen ist. Gleichzeitig ist die Sohle viel flacher geworden, sie wirkt wie abgesenkt. Das Hufhorn ist ca. 1 cm unter dem Kronrand von weicherer Qualität, seitlich betrachtet, kann man einen aufgewölbten "Buckel" erkennen. Besonders bei der flachen Sohle kam mir die Idee, dass die "Huflederhautquetschung im Bereich der Eckstreben" (die der TA mittlerweile diagnostiziert hatte) vielleicht eine Folge dieser Verformung sein konnte und nicht die ursächliche Erkrankung, weil das Eisen durch die neue Hufform sicher auch im Sohlenbereich Druck ausgeübt hat.

Mein Pferd steht zZ in der Klinik, um die Ursache für die Lahmheit zu finden. Ich frage mich verzweifelt, was die Ursache für diese Verformung des Hufes sein kann? Und was ich nun tun kann/soll? Der Schmied meiner Schwester (wohnt weit genug weg, um sich offene Kritik leisten zu können, hält es im Grunde für einen Beschlagfehler (er meint, die Ringe und das veränderte Wachstum seien Zeichen für eine veränderte Statik im Huf in den letzten Monaten) und rät zu Barhuf-Umstellung, mindestens bis die Trachten wieder nachwachsen und die physiologische Hufform eine Beurteilung über weitere Korrekturen zulässt.... Habe schon Horrogeschichten über eine Belastungs-/Stallrehe gelesen mit negativer Rotation des Hufbeines (dadurch Absenkung der Sohle) - aber das würden sie doch in der Klinik herausgefunden haben, oder???

Er hat röntgenologisch ein paar Kanäle im Strahlbein, ging aber vorne bei mir bisher nie lahm. Ich meine beobachtet zu haben, dass er im Augenblick den rechten Fuss latent zuerst mit der Zehe aufsetzt. All das war vorher einfach total normal, unauffällig, nie fühlig oder so. Wer weiss Rat?

Re: Hufform hat sich verändert! Welche Ursache kann das haben?

Hallo Frau Otto,
die Tatsache, dass Ihr Pferd direkt nach dem Beschlag lahm ging, spricht dafür, dass zumindest in diesem Moment die Umstellung durch neuen Beschlag ursächlich für die Lahmheit war. Generell scheint es so, dass die Ursache für die Probleme Ihres Pferdes in den Hufen liegt. Das Wachstum ist in Zehe und Trachten gleich stark, allerdings wird der Trachtenbereich mehr abgenutzt - ein Problem des Eisenbeschlags. Auch die Tatsache, dass die Diagnosestellung sich so schwierig gestaltet, weil die Lahmheit mal den einen, dann den anderen Huf betrifft, spricht für eine insgesamt ungute Situation im Bewegungsapparat, insbesondere den Hufen. Haben Sie die Möglichkeit, hier Fotos einzustellen? Noch effektiver wäre es, einen Huforthopäden direkt am Pferd die Hufe befunden zu lassen, um die Situation beurteilen zu können.

Mit besten Grüssen
Silke Plantzen

Re: Hufform hat sich verändert! Welche Ursache kann das haben?

Hallo und Danke für die prompte Antwort. Heute bin ich schon etwas schlauer und Sie haben in weiten Teilen ins Schwarze getroffen. Ich hoffe, ich kann Ihnen die Ergebnisse verständlich und einigermassen vollständig wiedergeben:

Da die Röntgenaufnahmen außer der nun gebrochenen Zehenachse im rechten Huf keinen weiteren Hinweis auf eine Ursache für die Lahmheit ergaben, habe ich ein MRT machen lassen. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal betonen, dass das Pferd in den 2,5 Jahren, in denen ich ihn kenne, nie eine problematische Stellung noch sonstige Beschlagprobleme (Fühligkeit nach Beschlag o.ä.) hatte. Aus dem Kernspin ergaben sich folgende Erkenntnisse:

Linker Huf: Im Bereich des Bandapperates der seitlichen Unterstützungsbänder ist eine deutliche Umfangsvermehrung (Flüssigkeit) = Entzündung zu erkennen. Der TA meint, dass dies seiner Meinung auch durch die unphysiologische Stellung und Zubereitung des Hufes hervorgerufen wurde.

Rechter Huf: Hier scheint der Bandapperat in Ordnung, jedoch kann man eine leichte Entzündung an der Oberfläche des Strahlbeines erkennen, wo die tiefe Beugesehne drüber läuft. Es ist davon auszugehen, dass auch der Schleimbeutel latent in Mitleidenschaft gezogen ist, wenngleich keine bildgebenden Hinweise dies untermauern. Auf meine Frage, wie denn nun der Zusammenhang zwischen der jetzigen anormalen Hufform (flache Sohle, lange Zehe, kaum Trachten) und diesem Ergebnis sei (hat die Stellung diese Symptome hervorgerufen oder umgekehrt?) sagte er, dass er eher annehme, dass sich die Hufform durch ungünstige Bearbeitung so entwickelt habe. Ohne dass ich mich darauf berufen dürfe, sei er der Meinung, dass natürlich die extrem flache Stellung zu einem vermehrten Zug der Beugesehne führe, wodurch sich ein evtl in der Substanz nicht besonders festes Strahlbein entzündlich verändern könne. Positiv sei aber, dass keine Bursitis vorliege und der Knochen des Strahlbeines (noch?) nicht betroffen sei. Er gab mir eine günstige Prognose für die weitere Einsatzfähigkeit des Pferdes. Vermutlich ist das Problem, wegen dem ich letztendlich in die Klinik fuhr (die Quetschung/ Entzündung der Huflederhaut/ Sohlenquetschung) nur eine logische Folge der Tatsache, dass das Pferd die Sohle viel zu stark belasten MUSSTE.
A und O ist nun, dass es gelingt, den Huf in seine gute Ausgangsform zurück zu bringen. Grundsätzlich sind die TÄ der Klinik mit mir der Meinung, dass barhuf über mindestens ein halbes Jahr der richtige Weg sei. Da allerdings zur Zeit die Sohle viel zu flach ist und die Gefahr weiterer Prellungen zu hoch ist, hat man einen Klebebeschlag aufgebracht (1 Turnus). Ich soll mit Zusatzfutter (Farriers Formula) und homöopathischer Unterstützung (Silicea-Injeel Forte) Stoffwechsel und Hufwachstum anregen und in 6 Wochen nach Wechseln des Beschlages bzw. Abnehmen des Beschlages mit dem Anweiden beginnen und dann alle 3-4 Wochen die Hufform durch einen Huforthopäden beurteilen und ggf. bearbeiten lassen.

Habe ihn gestern erst aus der Klinik geholt, da war es schon dunkel, aber ich werde morgen Fotos machen und sie hier einstellen - ich hoffe, man kann den ursprünglichen problematischen Zustand auch jetzt noch hinreichend erkennen und beurteilen.
Obwohl mein Trainer lapidar meinte "er ist doch versichert, tu ihn doch weg, er wird doch nur ein Jahr älter dabei" (!!!!) möchte ich alles versuchen, um ihn wieder hinzubekommen, denn erstens ist er ein sehr gutes Pferd, zweitens mein Traumpferd und drittens hat er für mich auch immer alles getan, so lange er konnte - und letztlich ist er verdammt noch mal erst 9! Ausserdem habe ich jetzt eh schon ein Vermögen für "nur Wissen" ausgegeben, da kann ich auch noch mehr für seine Gesundung ausgeben...SEUFZ.

Also: Ich bin weiterhin sehr interessiert an und dankbar für Hinweise und Meinungen!

Re: Hufform hat sich verändert! Welche Ursache kann das haben?

Ach ja, gleich noch eine Frage:

Ich komme ja, wie Ihr gemerkt habt, aus dem sehr konventionellen Lager, alle meine Pferde sind beschlagen.
Nun überlege ich aber, ob ich nicht aus dem jetzigen Zustand lernen sollte und eine barhuf-Umstellung in Erwägung ziehen könnte, weil mein Pferd doch jetzt eh eine Pause haben muss?

1. Welche Bedingungen müssen in der Umstellungsphase gegeben sein (Böden, sonstige Unterstützung)?

2. Wie lange dauert eine Umstellung normalerweise, bis man das Pferd halbwegs im gewohnten Umfang reiten kann?

3. Gibt es Erfahrungen mit Dressur-/Turnierpferden? Erreichen Sie ihr gewohntes Leistungsniveau?

4. Welche Böden sind auch nach der Umstellung im Training zu meiden?

5. Gibt es Erkrankungen, bei denen auf jeden Fall eine Unterstützung durch orthopädischen Beschlag ratsam ist? wenn jam welche?

6. Wie finde ich einen guten und vertrauenswürdigen Huforthopäden? Im Moment habe ich den Eindruck, als Pferdebesitzer sollte man günstigerweise Tiermedizin plus Hufbeschlagtechnik studiert haben - denn ich mache mir große Vorwürfe, dass ich die Entwicklung ein bisschen "verschlafen" habe! Komme aus dem Raum Köln.

Re: Hufform hat sich verändert! Welche Ursache kann das haben?

Hallo Frau Otto,
in der Regel fangen die Probleme im Huf an und weiten sich dann, werden sie nicht behoben, auf den Rest der Gliedmasse aus. Daher liegt Ihr Tierarzt sicher mit der Vermutung richtig, dass eine unpassende Hufbearbeitung zu den Lahmheiten geführt hat. Auch die Erklärung, dass eine (im Verhältnis zur restlichen Gliedmasse) zu flache Stellung ein Problem für die tiefe Beugesehne darstellt, deckt sich mit der huforthopädischen Sichtweise auf diese Problematik.
Zum Thema "Umstellung auf Barhuf" finden Sie in unserer Infothek einen ausführlichen Artikel. Das Barfusslaufen beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit überhaupt nicht, ganz im Gegenteil; lediglich der Abrieb kann zum Problem werden, je nach Nutzungsintensität und Bodenbeschaffenheit, aber Hufe sind trainierbar und letztendlich kann man sich auch mit Hufschuhen gut helfen.
In welcher Klinik ist Ihr Pferd denn untergebracht? Nicht überall findet man Tierärzte, die dem Barfusslaufen Raum schaffen, meist werden Spezialbeschläge empfohlen...

Mit besten Grüssen
Silke Plantzen

Re: Hufform hat sich verändert! Welche Ursache kann das haben?

Hallo Martina,

ich hatte bei dressurpferden ab M+ aufwärts probleme, speziell dann wenn sie unter hohem trainings- bzw turnieraufwand standen.
ich vermute, dass starke tempi, piaffe, passage auf grund der belastungsspitzen der auslöser war für diverse lederhautentzündungen bzw die sandböden für gesteigertem abrieb, der nicht mit dem hufwachstum konform ging..
sie wurden dann für etwa 2-3 monate (07-09) mit hufschutz versehen (klebebeschlag).
ausserhalb dieses zeitraumes gingen sie barfuss ohne probleme.

Re: Hufform hat sich verändert! Welche Ursache kann das haben?

Hallo,

ich denke, mit der korrekten Hufbearbeitung kann jedes Pferd barfuß die gleiche Leistung bringen, wie mit Beschlag - meist sogar bessere, ich habe noch nie einen beschlagenen Huf gesehen, der wirklich im Gleichgewicht ist.
Ausnahme beim Barfuß-Gehen ist der Springsport, da hier häufig Stollen benötigt werden.
Die einzige Erkrankung, die meines Erachtens einen orthopädischen Beschlag benötigt, ist ein Hufbeinbruch, weil hier der Hufmechanismus ausgeschaltet werden muss. Bei allen anderen Erkrankungen erweisen sich Beschläge meist als kontraproduktiv.

Meine Pferde laufen mittlerweile alle barfuss. Einer von ihnen war jahrelang rundum mit geschlossenen Eisen, Polster, etc. beschlagen, weil er so empfindlich war. Ich habe dann zuerst hinten die Eisen abgenommen und vorne 1x mit Kunststoff beschlagen lassen, damit er sich an den wieder einsetzenden Hufmechanismus gewöhnen konnte und die Vordereisen dann nach fünf Wochen entfernt.
Innerhalb weniger Wochen waren die Zwanghufe hinten verschwunden. Vorne hat es etwas länger gedauert, bis der Huf im Gleichgewicht war, da die Innenwände beider Vorderhufe senkrecht standen und die Außenwände im 45°-Winkel weghebelten. Mittlerweile tragen alle Hufe wieder gleichmäßig. Normale Schmiede haben mir immer erzählt, an dieser "Fehlstellung" könne man nichts ändern und erst recht nicht bei einem älteren Pferd...

Geritten bin ich in der Umstellungsphase ganz normal, also 3x pro Woche Platz/Halle und 3x Gelände. Allerdings habe ich im Gelände sehr auf die Bodenverhältnisse geachtet, d.h. ich bin anfangs nur über glatten Asphalt und Wiesenwege geritten.
Auf dem Platz lief er von Anfang an ganz normal, im Gelände hat er selbst sehr darauf geachtet, wo er hintritt und ist nicht mehr ohne Verluste drauf los gestapft - aber das ist sogar eher positiv zu sehen. Außerdem ist er seit der Eisenabnahme viel trittsicherer und stolpert nicht mehr, vorher war das so schlimm, daß er sogar einige Male hingefallen ist.

Die Feststellung von Hannes kann ich nicht teilen. O.g. Pferd wird auch auf S-Niveau geritten inkl. Piaffe, Passage, etc. und er hat nie Probleme mit zu hohem Abrieb oder gar Lederhautentzündungen.
Ich denke, die Probleme entstehen häufig dadurch, daß die Hufe außerhalb des Trainings zu wenige Reize erhalten. Meist stehe die Sportpferde ja in dick eingestreuten Boxen oder stundenweise auf Paddocks mit abriebsarmen Böden. Der Huf wird aber nur zum Wachstum und zur Bildung guten Horns angeregt, wenn er auch den Anreiz dafür erhält, also indem sich die Pferde möglichst viel auf unterschiedlichen Böden bewegen können.
Wir haben beispielsweise auf unserem Paddock Asphalt, Naturboden, Sand und Kiesel - die Pferde haben jederzeit Zugang und härten ihre Hufe durch das Laufen über die unterschiedlichen Bodenbeläge ab. Abrieb und Wachstum halten sich genau die Waage.

Das beste Beispiel für barfuß laufende Dressurpferde auf hohem Niveau sind die Pferde von Emma Hindle: http://www.eurodressage.com/reports/shows/2005/05saumur/hindle.html

LG

Re: Hufform hat sich verändert! Welche Ursache kann das haben?

Hallo,

ich selbst reite 'nur' freizeitmäßig, kann aber von Trainern/RL berichten:

Meine RL reitet ihre Pferde auf 'S' Niveau (allerdings nicht im Turniersport, sondern klassisch, aber die Lektionen/Trainingsumfang sind ja schließlich gleich). Es handelt sich um WB und Spanier/VB Mixe. Die Pferde stehen im Offenstall, werden auch regelmäßig ins Gelände geritten- keine Probleme.

Eine zweite RL in der Umgebung reitet ihren Lusitano ebenfalls auch höchstem Niveau (sie ist ziemlich ehrgeizig und trainiert intensiv...)- er steht in einer Paddockbox und wird ebenfalls auch in steinigem Gelände geritten.

Keins dieser Pferde ist ein 'Ausnahmepferd'...

Ebenfalls von mir der Verweis auf Emma Hindle.

Alle diese Pferde laufen- gerade wenn man z.B. auf Kursen mal vergleiche sieht- ausgesprochen locker, federnd und korrekt. Es wird ständig auf eine ideale Hufstellung geachtet, so dass die Gangmechanik nicht gestört wird. Es herrscht bei allen Pferden eher zu wenig Abrieb.

Gru´ß Tina

Re: Hufform hat sich verändert! Welche Ursache kann das haben?

Vielen Dank für die Erfahrungsberichte, auch meine Schwester hat mir von diversen bekannten Dressurpferden berichtet, die ohne Eisen im Sport gehen. Von Pi und Pa bin ich ja noch ein Stück entfernt, also sollte es doch vielleciht möglich sein? Die Hufsituation heute ist natürlich keine günstige, aber ich kann die Gelegenheit mit der Zwangspause ja auch zu einem Umstellungsversuch nutzen.

In der Tata werde ich sowohl an der Schmied- wie auch an der Stallsituation etwas ändern. Dort, wo er jetzt zunächst über die Weidesaison hin soll, gibt es Wiese und Sandpaddocks, wenn die Weiden gesperrt sind. Was kann ich wann in welchem Umfang nutzen, wenn er anfängt, barhuf zu gehen? Ist es kein Alarmzeichen, wenn er, wie es hier verschiedentlich beschrieben wird, kaum zu bewegen wäre, im Gelände über steinige Wege zu gehen?

Kann man mit Hufschuhen auch "normal" auf dem Dressurplatz arbeiten? Warum sieht man so wenige Pferde unbeschlagen im konventionellen Dressurgeschehen??? Die Tierklinik Müggenhausen mit der behandelnden Ärztin empfinde ich als aufgeschlossen. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich belächelt werde, wenn ich anrege, das Pferd ohne Eisen gehen zu lassen.

In dem Zusammenhang noch eine Frage: eine andere Stute von mir hat eine Entündung des seitlichen Unterstützungsbandes (Ursache: Trauma). Die Rekonvalszenz dauert lange, wenn sie denn überhaupt gelingt. Sie hat ein Eisen mit einer seitlichen Verbreiterung, d.h. das Eisen ist an der betreffenden Seite weiter raus gezogen und steht etwa 3-4 mm über. Damit soll vermieden werden, dass das Gelenk in weichem oder unebenem Boden seitlich zu viel Spiel hat und das Band wieder in Mitleidenschaft gezogen werden.
Hat da vielleicht auch jemand Erfahrung? Da sie Stute jetzt gedeckt werden soll, habe ich keinerlei Zeitdruck und fände es natürlich schön, wenn sie nicht die ganze Weidezeit mit Eisen verbringen müsste - zumal ich mich mittlerweile frage, ob das überhaupt so viel unterstützt, wie man sich das rein mechanisch denkt...? Hinten hat sie die Eisen bereits runter.

Vielen Dank für eure engagierten Kommentare! Freue mich weiter auf Erfahrungen von Dressurreitern mit Barhuf-Pferden!

Re: Hufform hat sich verändert! Welche Ursache kann das haben?

Hallo,

ich denke nicht, dass der Beschlag im Dressursport so verbreitet ist, weil es ohne nicht ginge, sondern weil meiner Erfahrung nach gerade die 'Turniersportszene' sehr stark an Traditionen orientiert ist.
Ich bin von meinem Hintergrund her eigentlich Wander- und Geländereiter und über die 'klassische' Ecke zum Dressurreiten gekommen. Über diese Schiene kam ich eigentlich auch das erste mal mit Leute in Kontakt, die vom Hintergrund aus der Sportreiterei kamen.

Wie oben geschrieben, diese Pferde werden auf höchstem Niveau dressurmäßig geritten (und noch viele Pferde von Schülern, die auf etwas geringerem Niveau sind...) und laufen besser als beschlagen.

Meine Erfahrung ist, dass man ein Pferd -vorbehaltlich der bei deinem Pferd aufgrund der generellen Probleme nötigen Ruhepause- mit halbwegs anständigen Hufen sofort ohne extreme Anforderungen auf weichem Boden reiten kann- d.h. Reitbahn, Sand und Wiesenwege. Man muss natürlich ein wenig ein Auge drauf haben und sich an die Leistungsfähigkeit der Hufe anpassen, aber die passen sich schnell an. Wenn 'nur' die Hufe etwas aus der Balance sind ist es normal, dass die Pferde innerhalb von vielleicht 6 Wochen super laufen, dann auch auf verschiedenen Untergründen, die volle Leistungsfähigkeit wird aber erst nach ca. 9 Monaten erreicht, wenn die Hufe komplett neu gewachsen sind.
Bei deinem Pferd wird man erstmal Ruhe gönnen, bis alles ausgeheilt ist, ich würde einen schönen Offenstall oder eine Weide vorschlagen, wo sich das Pferd frei ruhig bewegt, Hufe sanieren, Bewegung, Herdenleben kann oft wahre 'Wunder' bewirken, so manches 'unheilbar lahme' Pferde wurde auf diese Weise wieder voll fit. Oft ist es allerdings so, dass Besitzer anders als du nicht soviel in diagnostische Methoden stecken können oder wollen. Dies sind dann die typischen ungeklärten Lahmheiten, und oft haben die ihre eigentliche Ursache in den Hufen und ein erfahrener Barhufbearbeiter sieht schnell, wo der Hund begraben liegt. Natürlich ist die Barhufbearbeitung keine Wunderbehandlung, man kann nicht alles an den Hufen reparieren. Aber wirklich vieles und gerade viele 'hoffnugslose Fälle' funktionieren eben doch so einfach- und überdies sehr 'low tech', mit Vergleichweise geringem Aufwand und Kosten.


Ideal für eine Umstellung ist meiner Erfahrung nach ein trockener, relativ fester Boden ohne extremen Abrieb, mit gewisser Vielfalt. Dies ist. z.B. bei den meisten Weideböden im Sommer gegeben. Es geht unter allen Möglichen Bedingungen, schlecht ist eine Matschwüste oder das andere extrem wie einer betonhart gefrorener Schlammauslauf oder nur grober Schotter. Wichtig ist Bewegung möglichst 24 h am Tag. Anreize zur Bewegung durch landschaftliche oder stallbauliche Maßnahmen sind sehr wertvoll, Hufwachstum misst sich nämlich in Kilometern, meinem trainierten Wander- und Geländereitpferd wachsen alle 6 Monate(!) neue, harte Hufe, die auch stundenlange Ritte auf Schotterwegen problemlos überstehen. (Eisen hatten, damals noch mit nur 3x die Woche reiten, soviel Abrieb, dass innerhalb der Beschlagperiode immer noch nachgenagelt werden musste, die Eisen waren nach 7 Wochen meist nur noch 1-2 mm dick...)

In problemfällen, bei stark geschädigten Hufen, Extrembeispiel ein Rehepferd mit starker Rotation und Senkung, wird eine Wiederherstellung bzw. Nutzbarkeit natürlich länger dauern. Es ist immer sehr schwierig, Vorhersagen zu treffen, wie schnell das betreffende Pferd wieder voll fit wird.

Hufschuhe können natürlich auch auf dem Platz/Halle verwendet werden. In der Umstellung sind sie wertvoll, da das Pferd weitgehend normal geritten werden kann. Von der Gangmechanik her stören sie etwas die freie Entfaltung der Grundgangarten, aber man wird nach einer Übergangsphase sowieso auf die Verzichten können und dann das volle Barhufpotential ausschöpfen können.

So, muss jetzt schnell weg,

Gruß Tina

Re: Hufform hat sich verändert! Welche Ursache kann das haben?

Hallo,


hier noch der zweite Teil meines Beitrages:

Eisen mit verbreiterten Schenkeln sind meiner Meinung nach nicht sinnvoll.
Warum?
Man will ein zu starkes 'verkippen' des Gelenkes und der zugehörigen Bänder verhindern- was in der Tat sinnvoll ist, denn alle Pferdegelenke sind nur sehr eingeschränkt für seitliche Beweglichkeit ausgelegt, insbesondere das Fesselgelenk, und genau daher hat die Natur den Pferden auch Hufe wachsen lassen, denn ein gesunder Barhuf minimiert(!!) jede seitliche Belastung der Gelenke.
Zum ersten ist ein Barhuf trotz seiner Festigkeit in sich stark elastisch, der Huf kann sich recht deutlich insgesamt verwinden, einfach zu testen mit einem Stein, Brettkante usw auf das man ein Barhufpferd und ein beschlagenes treten lässt. Der Barhuf gleich erstaunlich starke Bodenunebenheiten aus, ohne dass die Gelenke stärker als sinnvoll seitlich belastet werden. Bei größeren Unebenheiten wird das Barhufpferd aufpassen wo es hintritt, denn es fühlt den Untergrund und schützt sich vor einer Verletzung, indem es den Huf mit Umsicht aufsetzt. Mit Eisen kann sich der Huf nicht verwinden. Die Gelenke verkippen genausoviel, wie die Bodenunebenheit dick ist- zum Schaden des Pferdebeins. Zusätzlich merkt das Pferd erst, wenn es auf eine starke Unebenheit getreten ist, wenn es bereits unangenehm im Bein zwickt- es kann den Untergrund weniger gut einschätzen. (Eindrucksvoll ist dieser Unterschied zu sehen, wenn ein beschlagenes und ein unbeschlagenes Pferd sehr schwieriges Gelände passieren, z.B. ein gerölligen Weg...).

Auch bei z.B. einer flotten Kurve auf weichem Boden verhält sich ein Barhuf anders als ein beschlagener. Wieder wird die Belastung der Gelenke minimiert. Ein Eisen sinkt auf der Innenseite der Wendung stärker ein, die Sohle und der Strahl tragen nicht oder kaum mit. Der Huf kippt. Ob der Eisenschenkel jetzt 3 mm breiter ist oder nicht, macht kaum einen Unterschied (um welchen Faktor wird da die Fläche vergrößert?). Der Barhuf verformt sich wieder etwas, trägt flächig und verdrängt einen insgesamt schrägen Hufabdruck, der Huf sinkt kaum ein.

Durch eine optimierung der Hufform wird die Gelenkbelastung allgemein optimiert.

Im Fazit also: Barhuf ist nur zu empfehlen. Der Huf ist ein Wunderwerk der Natur, der wirklich optimiert ist. Eisen setzen das Potetial der Hufe herab. Für den Sport gilt: Die 'Pioniere', die das merken, haben einen Vorteil ;-)

Zur weiteren Info lies z.B. auch mal auf www.pro-barhuf.de

Gruß Tina

Re: Hufform hat sich verändert! Welche Ursache kann das haben?

Komme gerade nach Hause und möchte erst mal sagen, dass ich vollkommen begeistert bin von den engagierten, schnellen und vor allen DIngen auch eindeutigen und nicht verurteilenden Antworten - ganz dickes Lob! Habe in anderen Foren schon erlebt, dass man sich schnell kritisieren lassen muss, wenn man vom anderen Lager kommt - wie ich es in diesem Fall ja auch erst mal tue (beschlaggewohnt). Wenn ich in der Informationsphase dann gleich Mecker nach dem Motto "Warum merkst du es erst jetzt?" hören würde und den erhobenen Zeigefinger sehen täte, würde ich ich vielleicht nicht lange mit der für mich neuen Idee anzufreunden versuchen! Also ganz dickes Lob und grosses Dankeschön für eure Hilfestellung! Antowrt Morgen. Nur eins: Kann ich, wenn ich nicht ganz so ideale Bedingungen vorfinden kann, wie es hier beschrieben ist (Asphalt-, Sand-, Wieseuntergründe nach Belieben) auch so lösen, dass ich mit meinem Rehakandidaten an der Hand spazieren gehe und dort n. Möglichkeit Untergründe besuche, die er am Stall nicht vorfindet? Reicht das? Mehr als eine bis 1 1/2 Stunden 4 x pro Woche kann ich das nicht machen, denn der Stall ist nicht sehr nah und direkt in der Nähe sind die sonstigen Bedingungen eher schlechter...

Gute Nacht erst mal, gähn, denke schon über nichts anderes mehr nach. Immerhin bin ich trotz allem wirklich froh, das Mördergeld für MRT ausgegeben zu haben - das Fischen im Trüben finde ich nämlich furchtbar...! Zugegegben, kaufe mir auch lieber einen tollen Sattel oder so, aber was solls: In guten wie in schlechten Tagen, oder?

Re: Hufform hat sich verändert! Welche Ursache kann das haben?

Hallo,

bzgl. Bedingungen bei der Barhufumstellung: Mit ein wenig überlegung geht es auch in nicht 100% optimalen Umgebungen. Wenn alles zu 100% stimmt, geht es meist etwas einfacher und schneller.
Je mehr das Pferd läuft, desto besser. Schlecht ist herumstehen in der Box, also soviel Weide und Paddock wie möglich. Spazierengehen ist eine gute Möglichkeit zur Ergänzung der Bewegung.

Ein Pferd mit geschädigten Hufen wird häufig zunächst nicht gut auf harten oder steinigen Untergründen laufen können. Das Problem entsteht nicht durch das Barhuflaufen, sondern zeigt den Schaden, der schon vorher bestand. Damit die Hufe wieder gesund werden, braucht es korrekte Bearbeitung, Zeit und eine vernünftige Haltung (Bewegung). Solange das Pferd nicht einwandfrei auf Schotter läuft, konfrontiert man es entweder nicht mit diesem Boden oder nutzt Hufschuhe, ganz einfach. Erzwingen darf man nichts. Ebenfalls ist es falsch, Hufe sehr invasiv zu bearbeiten und dadurch Fühligkeit zu erzeugen (starkes Kürzen, aushöhlen der lebenden Sohle, starkes zurückschneiden des Strahles...) . Ein gesundes Barhufpferd läuft natürlich auch über steinige Böden- unheimlich trittsicher übrigens.

Ich wünsche dir und deinen Pferden alles gute!

Gruß Tina