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Hufrehe - wie weiter?

Hallo,
meine 15-jährige Trakehnerstute hatte Ende Oktober 2011 eine schlimme Hufrehe, die erst dann als solche erkannt wurde, als sie am Boden lag und nicht mehr aufstehen wollte. Vorausgegangen war seit dem Sommer vermehrtes Stolpern, steifer Gang. Tierarzt hat bei Blutuntersuchung ganz schlechte Muskelwerte festgestellt, Übersäurerung,Vitamin-E u. Selenmangel. Bekam Ergänzungsmittel VitaminE+Selen und als sie immer schlechter lief Phenylbutazon. Geholfen hat es natürlich nichts, im Gegenteil. Eine Hufbearbeitung im August (Hinterhufwände sind seitlich weggedriftet) könnte auch ein Grund sein. Evtl. wurde zu viel weg genommen und die Vorderhufe mussten mehr Belastung aufnehmen. Von der Rehe sind die Vorderbeine sehr stark betroffen, man siegt an der Sohle den Hufbeinabdruck. Seit Oktober hat sie Hufschuhe mit einer Filzeinlage drin und die Hufe werden nach natural horse care alle 14 Tage bearbeitet. Soweit hat sich der Huf in der Zeit ganz gut entwickelt, seit ein paar Wochen gehe ich spazieren. Nun zu meiner eigentlichen Frage: Wir haben einen Offenstall mit drei Pferden, ab Ende April geht die Weidesaison wieder los. Würden Sie mir von Gras ganz abraten? Dann müsste ich meine Stute separat stellen, aber die anderen Pferde sieht sie natürlich auf der Koppel, wird schwierig ihr das zu erklären. Ist es ratsamer, die Wiese dieses Jahr ganz wegzulassen, bis der Huf komplett einmal nachgewachsen ist? Was raten Sie in solchen Fällen? Ich bin mir auch so unsicher, wann in wieder aufsitzen kann, ohne etwas kaputt zu machen und wann ich vom Schritt in den Trab oder Galopp wechseln kann.
Für Ihre Antwort schon im Voraus vielen Dank.
Viele Grüße
Isabelle Warnecke

Re: Hufrehe - wie weiter?

Hallo,

wie immer ist es aus der Ferne schwierig, etwas konkretes zu raten, zumal ohne Hufbilder. Diese könnten Sie einmal einstellen, bitte dabei die Fotoanleitung auf der Homepage beachten, da die Perspektiven wichtig sind.

Grundsätzlich wäre es in Ihrem Fall ganz wichtig, herauszufinden, was Ursache bzw. Auslöser der Rehe war. Wenn es nicht das Gras oder eine sonstige futter- bzw. stoffwechselbedingte Rehe war, ist die Koppel sicherlich weniger kritisch, als wenn es doch so war. Andere Ursachen für eine Rehe können in der Hufform begründet liegen, unter Umständen können Vergiftungen (z.B. auch durch Gewächse oder Chemikalien auf der Weide?!) oder Medikamente (z.B. Kortison) eine Rehe auslösen.

Ganz vorsichtiges Anweiden, d.h. minutenweise steigern über ca. 4 Wochen und ein möglichst später Anweidetermin (=> mitte Mai, dann hat das Gras schon mehr Struktur und ist fruktanärmer) senkt das Risiko. Dabei immer beobachten, ob das Pferd wieder schlechter läuft - und wenn ja: Weidedauer zurückschrauben und ggf. von vorn anfangen. Aber auch dabei gilt: Bitte keine plötzliche Umstellung, denn der Darm ist jeweils an das aktuelle Futterangebot angepasst und bei plötzlichen Umstellungen kann das Bakterienmilieu "umkippen", d.h. durch absterbende Bakterien können neue Gifte entstehen, die wieder eine Rehe begünstigen können.

Je nachdem, wie stark der Huf geschädigt wurde, kann die Rehabilitation unterschiedlich lange dauern oder gelingen. Man muss sich bewusst machen, dass sich bei einer Rehe der "Aufhängemechanismus" des Hufbeins in der Hornkapsel "auflöst". Je schneller sich das Pferd bewegt (Trab, Galopp) und je länger das dauert, desto stärker wird die Verbindung von Hufbein zur Hufkapsel belastet. Es dauert ungefähr 1 Jahr, bis ein Huf einmal komplett von oben nach unten nachgewachsen ist und erst dann kann davon ausgegangen werden, dass aller "alter Schaden" herausgewachsen ist - und auch das nur, wenn der Huf in der Zwischenzeit korrekt saniert wurde. Solange muss man, je nach Hufsituation und -Schädigung, Rücksicht nehmen, wenn man keinen Rückfall provozieren will. Das heißt jetzt nicht, dass das Pferd solange nicht genutzt werden darf - aber in welcher Intensität kann man per Internet leider nicht beantworten. Seien Sie vorsichtig und beobachten Sie, wie ihr Pferd läuft. Ist es fühlig oder geht es steif, machen Sie lieber wieder eine Pause und schränken Sie das Pensum ein. Massagen und Schritt-Gymnastik (z.B. Bodenarbeit mit Seitengängen) erhalten das Wohlbefinden und die Beweglichkeit.

Zum Schluss noch ein konkreter Rat: Das Buch "Diagnose Hufrehe" von Konstanze Rasch kann Ihnen für die Ursachen- und Lösungssuche sicherlich weiterhelfen!

Viel Glück!