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Präparationstechniken - Vom Konservieren zum Plastinieren (Walter Keil)

Seit Anbeginn der Zeit ist der Mensch nicht nur bemüht, Lebensmittel haltbar zu lagern, sondern auch verstorbene Angehörige und hohe Würdenträger vor dem Zerfall zu bewahren. Beim Zerfall organischer Stoffe treten zwei Faktoren immer wieder in Erscheinung.  A. – dieVerwesung und   B.  – die Zersetzung. Zwei geläufige Begriffe, deren Definition beim normal Sterblichen immer wieder auf Erklärungsnöte stößt. A. die Verwesung  - durch zelleigene Biozyme werden Kohlenstoffe und Eiweiße aufgespalten und Zellen zersetzen sich quasi von selbst. Feuchtigkeit und Temperatur spielen dabei eine entscheidende Rolle. B. Zersetzung – geschieht von Außen durch Mikroorganismen, Bakterien und Pilzen. Auch hier spielen Temperatur und  Feuchtigkeit eine Rolle. Sie können bei der Zersetzung den Vorgang nicht stoppen, sondern nur verlangsamen oder beschleunigen. Auch durch Frost ist nur eine begrenzte Haltbarkeit möglich. Im Altertum stellte das Einbalsamieren ganzer Körper  mehr noch als Heute hohe Anforderungen an die Präparatoren, die mit zahlreichen Tricks und Kniffen Körper hoher Persönlichkeiten von Mensch und Tier konservierten, auch wenn der Gedanke ein anderer war, als der Nachwelt Kulturen zu vermitteln. Vielfach wurde Verwesung und Zersetzung durch die Entnahme aller Organe und Eingeweide erreicht ; die Haut mit Salzen gegerbt. Ein Reihe von Naturvölkern trockneten die Köpfe Ihrer Feinde und verstorbenen Angehörigen. Jedoch alles aus religiösen und mystischen Gründen.

Erst mit dem Einzug der modernen Medizin im 19. Jahrhundert im Zuge der Aufklärung  beschäftigte der Mensch sich im Rahmen naturwissenschaftlicher Forschung mit Konservierungsmethoden von Körpern, Organen und Pflanzen. Erkennen von Aufbau und Strukturen standen von nun an im Zeichen von Forschung und Lehre. Die Anfänge medizinischer Präparate erscheinen heute teilweise skurril und makaber – denkt man an die in Flüssigkeiten schwimmenden Organe, Köpfe, Hirne oder Embryonen.

Die Möglichkeiten  haben sich sehr stark verbessert. Man kann grob fünf gängige Methoden aufzählen, welche heute zum Standard der Präparationstechniken zählen. Die Knochendarstellungen, die Korissionsdarstellungen, das Gefriertrocknen, das Konservieren mit PEG und das Plastinieren. Hinzu kommen unterschiedlichste Kombinationen zwischen den einzelnen Methoden.

Die Knochendarstellungen - Makabre Bilder aus Afghanistan machen es wieder mal sehr deutlich: man braucht verstorbene Lebewesen nur liegen zu lassen und hat später nur noch Knochen übrig. Auch im Wald bin ich schon mehrfach auf Rinderschädel gestoßen, welche von Unbekannten dort teilweise vergraben zurückgelassen wurden, um Sie von Insekten und Ameisen sauber fressen zu lassen. In der modernen Präparationstechnik werden diese Methoden nicht angewandt. Hier bedient man sich schnellerer und ästhetischerer Methoden der Mazeration. Waschmittellaugen und Biozyme sind effektive Helfer. Ihre Fähigkeiten, Eiweiße und Fette sehr schnell zu verseifen und auszuspülen, lassen uns in recht kurzer Zeit  Knochenpräparate herstellen. Beim Köcheln in Seifenlauge zwischen 60° - 90° C zerfallen bereits nach 12 Std. alle Band und Sehnenstrukturen. Etwas Zeit sollte man sich mit dem Entfetten der Knochen nehmen, um später schöne fettfreie Präparate zu erhalten. Wasserstoff läst die Knochen zwar sehr gut bleichen, greift aber auch Knochensubstanzen an. Mehrfaches Aufkochen in Seifenlaugen und Anbohren der Markknochen über die Gelenkflächen entfettet sehr gut. Im chemischen Verfahren eignen sich Acetonbäder und Kaltreiniger hervorragend für die Entfettung. Waschbenzin oder Terpentin sollte man nicht benutzen, da sie Eigenfette enthalten.

Die Korissionsdarstellungen - Aufbauend auf Knochendarstellungen lassen sich Ausgusspräparate herstellen. Die einfachste Form sind die Blutgefäßdarstellungen. Hier werden über die Arterien und Venen Kunststoffe injiziert, welche nach der Mazeration an jenen Stellen verbleiben wo einst Blutgefäße waren. Sollen auch die Knochen aufgelöst werden eignet sich 10%ige Salzsäure, um nur noch das Kunststoffgefäßnetz übrig zu lassen. Lymphsysteme lassen sich ebenso darstellen. Schwieriger ist hier jedoch die Gefäßfindung. Bei Nervenbahnen ist es etwas komplizierter. Hier wird das umliegende Gewebe eingefärbt. Die Nervenbahnen bleiben als weiße Struktur erhalten, da sie sich nicht einfärben lassen. Sie müssen anschließend mit Skalpell und Pinzette herausgearbeitet werden. Um bei der Mazeration Sehnen und Bänder zu erhalten eignet sich die Kaltwassermazeration im kontrollierten Verfahren. Auch die Anwendung von Speckkäfern...

Dieser Artikel ist Bestandteil der Tagungsmappe der 1. Huftagung der DHG e.V. Die Tagungsmappe (51 Seiten) kann zum Preis von 10 Euro bei uns bestellt werden.

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