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Was ist Natural Hoofcare? (Dr. Tina Gottwald)

Einleitung

Natural Hoofcare wurde ab etwa den achtziger Jahren in den USA entwickelt. Bekannte Pioniere waren beispielsweise J. Jackson und G. Ovnicek, die Mustangs und deren Hufe im Westen der USA studierten [1-3]. Die Beobachter waren von den sehr robusten und extrem leistungsfähigen Hufen beeindruckt, mit denen die Wildpferde völlig ohne Probleme viele Kilometer über äußerst unwegsames und steiniges Terrain laufen konnten. Die Mustanghufe stellten einen krassen Gegensatz zu den üblichen, mit Eisen beschlagenen Hauspferdehufen dar. Während bei den letzteren allerlei Hufprobleme, wie schlechte Hornqualität, Risse, untergeschobene Trachten, nicht haltende Beschläge u.v.m. stark verbreitet waren, waren die Mustanghufe stark, robust und gesund. Die üblichen Hufprobleme traten nicht auf.

Aus diesen Beobachtungen entstand die Idee, durch Imitation der Lebensbedingungen der Wildpferde (Herden- und Auslaufhaltung, Heufütterung) und angepasste Hufbearbeitung auch dem Hauspferd gesunde, starke Hufe zu ermöglichen. Das Wildpferdemodell selbst allerdings liefert kaum Anhaltspunkte, um daraus konkrete Techniken der Hufbearbeitung abzuleiten. Daher wurden die Techniken durch Versuch und Irrtum in der Praxis entwickelt. Vieles wurde mehrfach und von unterschiedlichen Personen unabhängig voneinander erforscht und weiterentwickelt. Dies führte dazu, dass unter dem Oberbegriff „Natural Hoofcare“ im Detail durchaus unterschiedliche Bearbeitungsstile zu finden sind. Schließlich fand nahezu alle Weiterentwicklung des Modells an Hauspferden statt; das Wildpferdemodell diente also überwiegend nur als initialer Impuls.

In den letzten 10 bis 15 Jahren hat Natural Hoofcare eine große Verbreitung und Weiterentwicklung erfahren und wurde unter anderem auch in Deutschland bekannt. Die IG Hufe im Fokus, der die Autorin angehört, ist ein Zusammenschluss verschiedener gewerblicher und privater Hufbearbeiter. Aus einem formlosen Treffen der Gründungsmitglieder im Jahr 2010 zum Erfahrungsaustausch entstand eine Gemeinschaft, deren Ziel die Weiterentwicklung der Hufbearbeitung ist. Unter anderem werden Fortbildungen organisiert und Wissen zur Hufbearbeitung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Autorin engagiert sich auch als Gastdozentin bei der Hufschule Hannover, einem Ausbildungskurs für Hufpfleger, der von Patricia Nastoll und Andrea Keuchel geleitet wird.

1 Ziele und Erfahrungen

Ziel des Natural Hoofcare ist ein gesunder, funktionaler Huf als Basis für ein gesundes, leistungsfähiges und glückliches Pferd. Dieses Ziel wird im Zusammenspiel aus einer artgerechten Haltung und bedarfsgerechten Fütterung mit den im folgenden Abschnitt beschriebenen Techniken der Hufbearbeitung erreicht. Die Haltung und Fütterung sollten die Grundbedürfnisse des Pferdes nach Bewegung, Artgenossen, kontinuierlicher Futteraufnahme, Licht und Luft befriedigen. Die Hufbearbeitung entfernt überschüssiges Horn und erlaubt dem Huf, in seiner natürlichen, gesunden Form nachzuwachsen. In der Praxis erreicht man durch die Anwendung der im nächsten Abschnitt beschriebenen Grundtechniken sehr zuverlässig gesunde und leistungsfähige Hufe. Die Hufqualität wird oder ist stets gut, übliche Hufprobleme und Deformationen wie Risse oder untergeschobene Trachten können behandelt oder noch besser, durch korrekte Hufpflege bereits am Jungpferd von vorne herein verhindert werden. Besonders...

Dieser Artikel ist Bestandteil der Tagungsmappe der 9. Huftagung der DHG e.v. Die Tagungsmappe (70 Seiten & 3 A3 Poster) kann zum Preis von 15 Euro bei uns bestellt werden. Unter dem Titel "Multikulti Huf" stellen sich in dieser Tagungsmappe unterschiedliche Hufbearbeitungsrichtungen vor.

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